im Felde, 11. Juni 1943

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Meine geliebte Erika !

Mit dem Essenholer ham heute Dein lieber Gruß
vom 3.6. auf den Tisch geflattert, da ich erst vorgestern
abend Post von Dir erhielt, war ich überrascht, die Freude
aber umso größer. Ich bin ja so dankbar, wenn ich
von meine Liebchen Post erhalte, und überhaupt
so einen netten, lusitgen.
Dann hast Du also jetzt auch zum erstenmal
"unser" Lied gehört, es ist doch wirklich hübsch,
nicht, Erika, und ich konnte es noch nie hören,
ohne an Dich zu denken. Und so wollen wir es
immer halten: Wenn wir es hören, das: "ich nehme
mein Herz, im meine beiden Hände", sind wir
still und denken ganz fest und innig aneinander.
Sicher will es das Glück, daß wir es öfters miteinander
hören. Wenn wir dann einstmal, weite Jahr nach
dem Krieg und schon lange Mann und Frau, wieder
hören, wird es nur immer eine Erinnerung an die
Zeiten sein, wo wir soweit voneinander getrennt
lebten. Jedes mal werde ich Dich an der Hand
nehmen, meinen Arm um Deine Schultern
gelegt, werden wir dann unserem Lied lauschen. -

Es ist ja schön, daß Du im Lazarett manchmal auch lustige
Stunden hast, nicht immer nur die graue, nichts sagende
Arbeit, und unter den Patienten sicher auch oft
dankbare Menschen. Insofern ist Dein Beruf sicher auch
weiter ganz schön. Nachdem Du jetzt schon Schwester
geworden bist, scheinst Du Dich in Grodno ja auch richtig

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eingelebt zu haben. - Du, Liebste, auf den Besuch
mit Dir bei Frau Kind, Deiner Schwester, freue ich mich auch
schon, ich glaube, das gibt gemütliche Stunden, denn sie
versteht, solche Stunden herzurichten. Und nun gehören wir
zwei ja auch schon fest zusammen, Frau Kind ist damit
ja son 2/3 Schwägerin von mir, na also ! Also ... muß
es werden.

Diesen Brief schreib ich auf Beobachtung, immer ein Blick
dem Fernrohr, 2 Blicke Deinem Brief. Da ich sonst nichts
zu tun habe, könnte ich täglich viel schreiben, aber
nachher kommst Du überhaupt nicht mehr mit dem
Lesen nach, und noch wiel weniger zum Schreiben,
was mein kleiner, lieber Schatzenbutzerle ?! Also
muß ich mich schon etwas eindämmen. Und wenn
dann wieder einmal eine Zeit kommt, wo ich keinen
Fuhrhalter mehr in die Hand nehmen kann, etwa wenn
wir marschieren, meint dann meine Liebste gleich,
mir wäre etwas passiert. Aber Du sagst ja selbst,
Unkraut verdirg nicht, und dazu zähle ich wohl auch,
solange ich meinem Liebchen immer so verliebte Briefe
schreibe. Manchmal ergötzen wir uns selbst, wenn
wir unseren Kaffee kochen, und der Rauch fliegt
auf, dann pfeift eine MG Garbe nach der anderen
über unsere Köpfe weg, uns selbst kann es ja
doch nicht hinter unserem Sandaufwurf treffen.
Vorher unkte ich ihre Scharfschützen mit einem alten
Stahlhelm, den ich auf eine Stange setzte, die Kerle
schießen aber nicht schlecht, wundern sich womöglich,
daß der "Germanski" nicht tot umfällt. Wen wir
Artilleristen, wie vorhin, dann mit unseren 3 oder
4 "Spritzen" schießen, gibt das schon ein anderes Stück hier.
Liebste, bleibe gesund, laß es Dir gut gehen.
100 zärtliche Küsse sendet Dir
Dein Liebster.

 

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