im Felde, 24. Mai 1943

mit Fortsetzung des Briefes am 25. Mai

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Mein liebes, sußes Mädel, Liebste !

Ganz schnell will ich heute noch Deinen so
lieben Brief beantworten, für ihn und das
Bild meinen innigsten Dank ! Ich sah das
Bild lange an, mein Schatzenbutzerle, wie es
leibt und lebt. Deine treuen Augen, Dein
lieber Mund, so wie ich Dein Andenken im
Herzen trage. Jetzt habe ich wenigstens ein richtiges
Bild von meiner Liebsten.

Gestern war der erste Sonntag an dem ich nicht
an Dich schrieb, ich war den ganzen Tag weg.
Und am Abend nahm ich an einem Schachturnier
teil, das unsere Batterie gegen den Stab machte, und
an dem ich als Hauptstütze teilnehmen mußte.
Ich schnitt sehr gut ab, heute Abend ist nun Fort-
setzung. Dich vergesse ich darüber aber nicht, mein
Liebchen, Du kommst bei allem zuerst daran.
Wegen dem Heiraten schrieb ich Dir ja schon. Meine
Eltern habe sicher nichts dagegen, aber Du
solltest schon vorher einmal in Stuttgart gewesen
sein, das würden mir meine Eltern sicher
sonst schon etwas übel nehmen.

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Und wenn wir dann im darauffolgenden
Urlaub heiraten, wird es sicher auch noch
in der warmen Jahreszeit sein. Und übers Jahr
darauf müßte ja dann eigentlich so langsam
der Krieg aus sein, und ich für immer
zu meinem kleinen, geliebten Frauchen
heimkehren. Kannst Du ermessen, Liebst, was
das heißt: "Für immer" !

 

25.5. 1943

Liebste ! Nun bin ich glücklich gestern
wieder unterbrochen worden, manchmal
ist es zum Auswachsen.
Es kamen nämlich gerade meine
Schachkameraden zum Spielen, so gern ich
Schach spiele, ich war richtig ärgerlich. Heute
wird er nun bestimmt fertig. Gerade vorher
seh ich nochmals Dein Bild an, ich gab
dir einen recht innigen Kuß. Hast Du
etwas gespürt ? Wenn ich Dich nur erst
einmal bei mir hätte !! Die Grüße von Dir
an meine Mutter habe ich ausgerichtet, und
wenn es reicht, will ich noch heute einmal
ganz ausführlich über unser Verhältnis nach

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Hause schreiben. Ich werde schreiben, daß wir
uns im nächsten Urlaub verloben und im
darauffolgenden Urlaub heiraten werden. Un-
bekannt bist Du in meiner Familie ja
schon lange nicht mehr, "das Mädchen" von
mir ist schon ein Begriff geworden.
Meine Eltern werden nicht versuchen, mir
etwas in den Weg zu legen. Sie sind
der Auffassung, daß eine Frau lieb, fleißig
und vernünftig sein soll, und das
kann ich von meiner Liebsten doch wohl
behaupten, nicht wahr, Mädel ?!
Du bist für mich das liebste, fleißigste und
tapferste Mädel, kurzum, das Mädel, das ich
liebe.

Bei mir ist's schon gewaltig warm,
das wäre ja ganz schön, aber ohne daß
man sich eingemummt hat, bis über
die Ohren, kann man sich draußen nicht
bewegen, so viele Stechmücken gibt es hier.
Wie wird das sein, wenn ich mal wieder

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mit Dir zusammen, bei schönem Wetter im
Wald spazieren gehe, ohne daß man von
Mücken geplagt wird. Einfach unvorstellbar
der Gedanke. Aber einmal muß das
doch was werden, diese Zeit, um die es sich
einzig noch lohnt, weiterzuleben.

Ich bin so froh, daß ich Dich besitze, Liebste !
Ohne Vorwände heiraten, das ist das einzig
Richtige, darüber sind wir uns ja einig.
Ganz schön wäre ja, ganz allein zu sein, und dann
nachher eine Nachfeier in Stuttgart und Ebenrode
zu machen. Freust Du Dich sehr darauf, Liebchen,
bis Du meine kleine Frau sein wirst ?

Man kann sich das noch gar nicht vorstellen,
daß man dann immer immer den liebsten
Menschen auf Erden bei sich hat, Tag und Nacht.

Meine Liebste, laß es Dir gut gehen.
Herzinnigst küßt Dich tausendmal
Dein Liebster.


Nächste Ausgabe erscheint am 30.5.2013 um 20:00 Uhr
 

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