im Felde, 25. April 1943

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Liebste !

Noch habe ich keine Post aus Grodno erhalten, ich warte
so darauf. Vielleicht bringt mir der Osterhase als Ostergeschenk
heute Abend doch noch einen Brief von Dir, damit wäre
dieser schöne erste Osterfeiertag sehr schön für mich
verlaufen. Wir haben es ganz ruhig, früh morgen
brach ein prachtvoller Frühlingsmorgen an, der
Koch strengte sich an, uns ein Festessen auf
den Tisch zu stellen, und nun sitze ich am
Nachmittag da und schreibe Dir, mein kleines
Mädel. Zwar brachte der Hase keine Eier, aber eine Flasche
Sekt und eine 1/2 Flasche Likör. Dazu solltest jetzt nur
Du da sein. Und wie verbringt ... meine kleine
Erika das Osterfest, womöglich mit viel
Dienst und Arbeit. Weißt Du, das Osterfest,
Pfingsten, einfach Frühjahr, wollte ich einmal
mit Dir verbringen. Auf einer Bank in den
schönen Stuttgarter Anlagen wollte ich an einem
der vielen warmen Frühlingsabende mit Dir
sitzen, den Arm und Deine Schulter gelegt, und
Deine Hand in der meinen, und wollte Dir von
meiner Liebe erzählen. Und wenn mir das Leuchten
Deiner lieben Augen von Deiner Zustimmung
erzählen würden, wären das die glücklichen

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Stunden, die man sich (mich) im Herzen aufbewahrt.
Es ist ja so schön, Liebste, daß uns das alles
noch bevor steht. Ich habe noch niemals ein Mädchen
gehabt, daß ich liebte, das mich verstand, und
wahrscheinlich ist dies der Grund, warum ich jetzt
das Verhältnis zu Dir so tief und innig
verspüre. Sicher hattest Du auch noch nie eine
Liebelei, und geht es Dir gerade so (wie mir - Red.).

Wenn heute Abend noch ein Brief von
Dir kommt, werde ich diesen Osterbrief fortsetzen. Von
zu Hause erhielt ich teils gute, teils schlechte
Nachrichten. An dem großen Stuttgarter Bomben-
angriff wurde das Haus meiner Eltern nicht betroffen.
Aber meine Mutter ist sehr schwer krank, sie wurde
mit Zuckerkrankheit in's Krankenhaus eingeliefert.
So wäre vor allem für meinen Vater furchtbar schlimm,
wenn sie nicht mehr gesund würde. Er ist
immer sehr davon abhängig, daß er eine gute Frau
hat, die den Haushalt versorgt. Und dann sind da
ja auch noch meine beiden kleinen Nichten.

Mein kleines Mädel, sei zum Abschied
herzinnig gegrüßt, dazu sendet Dir
einen ganz festen Osterkuß
Dein Siegfried.


Der nächste Brief erscheint am 26. April 2013, 22:00 Uhr

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