Katholische Pfarre zu Sensburg

Gumbinnen, den 6. September 1870

Aus dem Amtsblatt des Regierungsbezirks Gumbinnen

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Verordnung und Bekanntmachungen der Provinzialbehörden

S. 232ff

 

523. Des Königs Majestät haben mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 8. Juni d. die staatliche Anerkennung zur Errichtung einer katholischen Pfarre in Sensburg zu erteilen geruht. Dieß wird mit Bezug auf die von sämmtlichen selbständigen zur neuen Kirch in Sensburg gehörigen Katholiken vollzogene Anerkennungs-Verhandlung vom 20. October d. J. zur öffentlichen Kenntniß gebracht, indem wir zugleich die Einrichtungs-Urkunde und die Stol-Gebühren-Taxe vom 30. Juli c. nachstehend publiciren.

Königlilche Regierung,

Abtheilung für Kirchen und Schulwesen.

 

524. Philippus

durch Gottes Erbarmung und des hl. Apostolischen

Stuhles Gnade

Bischof von Ermland.

Mttelst bischöflicher Anordnung vom 10. Januar 1861 sind mit Zustimmung der Königlichen Regierung zu Gumbinnen vom 18. dess. Mts. (Gumbinner Reg. Amtsblatt pro 1861 S.S. 47 und 48) die katholischen Bewohner eines Theiles des landräthlichen Kreises Sensburg zu der Kirche in Heiligelinde, Kreis Rastenburg, gastweise eingepfarrt worden. Seit dieser Zeit aber ist in Sensburg eine katholische Kirche gebaut, und haben sich dort überhaupt die katholisch kirchlichen Verhältnisse soweit befestigt und ausgebildet, daß mit Errichtung einer eigenen katholischen Pfarrei mit dem Wohnsitze des Pfarrers in Sensburg vorgegangen werden kann. Nachdem die Interessenten dem ihnen vorgelegten Entwurfe der Errichtungs-Urkunde in allen Stücken ihre Zustimmung und Anerkennung ausgesprochen haben Sr. Majestät der König durch Allerhöchsten Erlaß vom 8. Juni 1870 der beabsichtigen Errichtung der katholischen Pfarrei Sensburg die staatliche Anerkennung ertheilt. Demnach wird über Circumscription und Verfassung dieses neuen Pfarrsprengels hiemit Folgendes verordnet.

§.1. Von den im Jahre 1861 zu der Kirche in Heiligelinde gastweise eingepfarrten Ortschaften werden unter Aufhebung des bisherigen Verhältnisses die nachbenannten mit sämmtlichen dazu gehörigen Abbauten, Ausbauten, Vorwerke, etc. hiemit zu der katholischen Kirche in Sensburg eingepfarrt.

a. Im Bereich des evang. Kirchspiels Sehesten:

1. die Güter Groß und Klein Bosem, 2. Dorf Giesöwen, 3. Dorf Kerstinowen, 4. Dorf Kleinsruh, 5. Dorf Pfaffendorf, 6. Dorf Reuschendorf, 7. Dorf und Gut Sehesten mit Wywisty, 8. Dorf Wißenburg.

b. Im evangelischen Kirchspiel Sensburg:

9. Dorf Gonswen, 10. Dorf Alt- und Neu-Muntowen, 11. Dorf Polschendorf, 12. Stadt Sensburg mit sämtlichen Abbauten, etc. 13. Güter Klein Stamm (Langheim und Weißdorf), 14. Gut Sternwalde, 15. Gut Stobenforst.

c. Im evangelischen Krichspiel Sorquitten:

16. Gut Bothau, 17. Dorf Lasken, 18. Gut und Dorf Pustnick, 19. Waldhaus Schellongowken, 20. Dorf Sonntag, 21. Dorf und Vorwerk Groß Stamm

§.2. Demselben Kirchspiel Sensburg werden noch die katholischen Bewohner nachbenannter Ortschaften (gleichfalls mit Einschluß aller dazu gehörigen Abbauen, Vorwerke, etc.) zugetheilt.

I. Im Kreise Sensburg

a. Im evangelisch Kirchspiel Aweyden:

1. Marktflecken Aweyden, 2. Dorf und Gut Brödinen, 3. Dorf Collogienen, 4. Dorf Czierspienten, 5. Gut Glashütte, 6. Dorf Gollingen, 7. Dorf Guttenwalde, 8. Dorf Hünefeld, 9. Kleinbrück, 10. Dorf und Försterei Kleinort, 11. Gut Krummenort, 12. Dorf Langendorf, 13. Dorf Mlinisken, 14. Neu-Ort, 15. Dorf Peitschendorf, 15. Dorf Peitschendorfswerder, 17. Gut Sdrojowen, 18. Dorf und Gut Zatzkowen.

b. Im evangelischen Kirchspiel Nikolaiken:

19. Dorf und Gut Baranowen, 20. Mühle Doschen und Zimowen, 21. Dorf Eichelswalde, 22. Dorf Fassen (Faszen), 23. Gut Grabnik, 24. Gut Heidebruch, 25. Etablissement Jeziorken, 26. Dorf Juulzen (Inultzen), 27 Dorf Klonu (Klonn), 28. Dorf Kutzen, 29. Dorf Lindendorf, 30. Dorf Lissuhnen, 31. Dorf Lubjewen, 32. Groß und Klein Maitz, 33. Dorf Neuwalde, 34. Gut Nowinnen, 35. Stadt Nikolaiken, 36. Etablissement Prawdowen, 37. Dorf Schaden, 38. Gut Schnittken, 39. Dorf Selbongen, 40. Vollmarstein, 41. Gut Wessolowen, 42. Dorf Zudnochen.

c. Im evangelischen Kirchspiel Ribben:

43. Dorf Borowen, 44. Dorf Gaynen, 45. Dorf Glognau, 46. Maradker Wolka, 47. Pienken, 48. Gut und Mühle Pillaken, 49. Dorf Schön-Ruttkowen.

d. Im evangelischen Kirchspiel Sensburg:

50. Dörfer Alt-, Klein und Neu Bagnowen, 51. Bagnower Grunau, 52. Bagnower Wolka, 53. Vorwerk Bieberstein, 54. Dorf Carwen, 55. Dorf Grabowen mit Neu, Groß Krzossowen, Freinowen, 56. Dorf Jacobsdorf, 57. Dorf Klossöwen mit Neu Klossöwen, 58. Dorf Krummendorf mit Neu Krummendorf, 59. Dorf Mertensdorf, 60. Dorf Poremben, 61. Dorf Groß und Klein Poremblischken, 62. Dörfer Alt und Neu Proberg mit Preußisch Werder und Ober Proberg, 63. Dorf Sawadden mit Klein Sawadden, 64. Dorf Sniodowen, 65. Dorf Wierzbau, 66. Dorf Zerwanken.

e. Im evangelischen Kirchspiel Sorquitten:

67. Gut Heinrichshöfen mit Rodowen, 68. Gut Janowen, 69. Groß und Klein Joachimsthal, 70. Vorwerk Neblisch,71. Vorwerk Saluck und Chabrim.

II. Im Kreis Lötzen (Kirchspiel Rhein).

72. Dorf Gneist, 73. Gut Glombowen, 74. Dörfer Groß und Klein Jauer, 75. Dorf Krzysahnen, 76. Dorf Mnierßeiewen (Mnierczeiewen), 77. Dörfer Groß und Klein Notisten mit Nieder Notisten, 78 Stadt Rhein, 79. Dorf Salza, 80. Dorf Slabowen, 81. Dorf Ußranken, 82. Dorf Weydicken, 83. Dorf Zondern.

§3. Hinsichts der Wahl des Pfarres und der Kirchenverwaltung finden die allgemeinen kanonischen Vorschriften Anwendung, denen zufolge der jeweilige Bischof von Ermland als Ordinarius den Pfarrer beruft und ihm die kanonische Einsetzung ertheilt.

§4. Die Eingepfarrten sind verpflichtet, sich bei den vorkommenden geistlichen Handlungen des Amtes des katholischen Pfarrers in Sensburg zu bedienen. Sie entrichten dafür die betreffenden Gebühren nach der hier beigefügten Taxe.

§5. Bezüglich der auf Grund und Boden ruhenden Abgaben und Leistungen an evangelische Kirchen wird durch die gegenwärtige Einpfarrung nichts geändert, und sind dieselben von katholischen Besitzern auch ferner dahin zu entrichten, wohin sie bisher zu zahlen waren. Dagegen fallen persönliche Abgaben und Leistungen von Katholiken an evangelische Kirchen, Geistliche und Kirchenbediente nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. Mai 1854 (G.S.S. 317 ffl.) fort.

$6. Zur Unterhaltung der katholischkirchlichen Einrichtungen in Sensburg werden die Eingepfarrten folgende persönliche Abgaben jährlich zu Ostern zu entrichten haben.

1. Bürger in der Stadt mit Haus und Acker 1 bis 2 Thaler
  und überdies von jederHufe noch 10 Silbergroschen
2. Bürger mit Hausbewitz ohne Acker nach Vermögen 1/2 bis 1 Thaler
3. Ländliche Besitzer bis zur Hufe 15 Silbergroschen
  und von jeder weitern Hufe 10 Silbergroschen
4. Beamte, Wirthschafts- und Hausoffizianten den einmonatlichen Betrag der Klassensteuer oder einer anderweitigen an deren Stelle etwa tretenden Staatssteuer  
5. Handwerker ohne Grundbesitz in der Stadt und auf dem Lande 5  bis 15 Silbergroschen
6. Handwerker auf dem Lande, die ein eigenes Haus haben 10 bis 15 Silbergroschen
7. Eigenkäthner auf dem Lande 5 bis 10 Silbergroschen

8.

Taglöhner und Instleute ohne Grundbesitz in der Stadt und auf dem Lande 5 Silbergroschen
9. Handwerksgesellen 5 Silbergroschen
10. Söhne und Töchter von Bürgern, die im elterlichen Hause leben und über 20 Jahre alt sind 5 Silbergroschen
11. Großknechte und Großmägde 5 Silbergroschen
12. Kleinknechte und Kleinmägde 2 Silbergroschen und 6 Pfennig
13. Tagelöhnerwittwen 2 Silbergroschen und 6 Pfennig
14. Lehrlinge und Dienstjungen 1 Silbergroschen

Personen, welche in gemischter Ehe leben, zahlen von den resp. Sätzen nur die Hälfte.

Die Erhebung geschieht durch die Kirchenvorsteher zu Ostern. Ueber die Verwendung der Einnahme zur Unterhaltung des Geistlichen, der Kirchenbedienten und zu sachlichen kirchlichen Ausgaben bestimmt auf den Vorschlag des Kirchenkollegiums die geistliche Oberbehörde.

Außer vorstehenden Abgaben hat jeder Kommunikant das gewöhnliche Osteropfer (auch Zettelgeld genannt) mit zwei Silbergroschen zu entrichten, die dem Pfarrer ungetheilt verbleiben.

§7. Gleichwie zur Erbauung und ersten Einrichtung der Kirche und der Pfarrwohnung in Sensburg von der Gemeinde nur freiwillige Gaben und Leistungen beansprucht sind, so soll es auch bezüglich er etwa außerdem noch erforderlich werdenen Gebäude gehalten werden. Die künftige Unterhaltung sämmtlicher Baulichkeiten liegt aber gemäß den gesetzlichen Vorschriften der Kirchenkasse und der Gemeinde ob.

$8. Wenn künftig mit Genehmigung der zuständigen Behörden, sei es in Folge etwaiger Gründung neuer Kirchen oder wegen anderer Verhältnisse Gemeindemitglieder vom Parrsprengel Sensburg abgetrennt und einer anderen Kirche zugewiesen werden sollten, so wird den bei Sensburg verbleibenden Einepfarrten ebensowenig ein Widerspruchsrecht dagegen zustehen, als den dasigen Pfarrern und Kirchenbedienten. Anderseitzs wird den ausscheidenen Mitgliedern ein Anspruch auf Erstattung der bisherigen Leistungen an die Kirche nicht eingeräumt.

Urkundlich unter eigenhändiger Namensunterschrift und Beidrückung des Insiegels gegeben zu Frauenburg be der Ermländischen Kathedralkirche den 30. Juli 1870.

(L. S.)

Der Bischof von Ermland.

(gez.) Phillipus

 

Stolgebührentaxe für die katholische Kirche in Sensburg.

I.   Von Taufen: Thl. Sgr. Pf.
    Außer der Kathedarlsteuer von 1,5 Sgr. und den Hebammen-Instituts-Beiträgen von 1,5 Sgr., in Summa - 3 -
    werden gezahlt:      
  1. dem Geistlichen für Eintragung der Geburt in's Taufbbuch - 6 -
  2. demselben für Vollziehung der Taufhandlung - 4 -
  3. der Kirche für Utensilien - 1 -
  4. dem Küster - 2 -
II.   Von Trauungen:      
    Außer der Kathedarlsteuer von 1,5 Sgr. und den Hebammen-Instituts-Beiträgen von 1,5 Sgr., in Summa - 3 -
    werden gezahlt:      
  1. dem Geistlichen für eine Verlobung im Pfarrhause - 10 -
  2. demselben für das dreimalige Aufgebot 1 - -
  3. demselben für Eintragung der Trauung in's Kirchenbuch - 6 -
  4. demselben für die Trauungshandlung - 14 -
  5. der Kirche für Utensilien - 4 -
  6. dem Küster - 3 -
    Bemerkung:      
  1. Für ein Verlobung im Hause der Brautleute erhält der Geistliche 3 - -
    und wenn er sich aus solcher Veranlassung eine Führe miethen muß, außerdem noch pro Meile 1 - -
  2. den Trauungsgroschen, der von den Anwesenden bei der Trauung zusammengelegt wird, erhält der Küster.      
III.   Von der kirchlichen Einführungen der Wöchnerinnen werden gezahlt:      
  1. dem Geistlichen für die Einführung - 2 -
  2. der Kirche für Licht und Utensilien - 1 -
  3. dem Küster - 1 -
IV.   Von Beerdigungen werden gezahlt:      
    A. Im Allgemeinen:      
  1. für eine 50 Jahre dauernde Grabstätte 12 - -
  2. für die Erlaubnis einen 50 Jahre dauernden Leichenstein zu legen 12 - -
  3. Grabstättengeld für eine große Leiche
Grabstättengeld für eine kleine Leiche
-
-
5
2
-
6
  4. An die Kirche für Geläute von jedem Pulse in 3 Absätzen à 1 Sgr. - 3 -
  5. An den Glöckner für Geläute von jedem Pulse in 3 Absätzen à 1 Sgr. - 3 -
  6. Kathedralsteuer - 1 6
  7. An den Geistlichen für Einschreibung des Sterbefalles in's Todtenbuch - 6 -
  8. Für die Leichendecke an die Kirche - 6 -
  9. Für die schwarze Fahne oder die rothe bei Classe I, II, III. - 5 -
     B. Im Besonderen:      
    a.I. Begräbnißklasse mit ganzem Conduct      
    aa. Bei Erwachsenen erhält:      
  1. die Kirche für Utensilien 2 10 -
  2. der Geistliche für den Gesang, Einholung der Leiche, gesungene hl. Messe und Conduct 3 24 -
  3. derselbe für Abhaltung des Officiums Defunct 1 - -
  4. der Küster 1 - --
  5. der Organarius - 20 -
  6. der Musiker 2 - -
  7. der Balgentreter - 6 -
  8. das Diöcesan-Clerikal-Seminar - 13 4
    bb. Bei Kinderleichen:      
  1. die Kirche für Utensilien 2 - -
  2. der Geistliche für Einholung der Leiche, Conduct und gesungene hl. Messe 2 24 -
  3.  der Küster - 25 -
  4. der Organarius  - 15 -
  5. der Musiker 2 - -
  6. der Balgentreter - 5 -
  7. das Diöcesan-Clerikal-Seminar - 13 4
    b. II. Begräbnißklasse mit halbem Conduct      
  1. die Kirche für Utensilien 1 - -
  2. der Geistliche für den Gesang, Einholung der Leiche, gesungene hl. Messe und Conduct 2 14 -
  3. derselbe für Abhaltung des Officiums Defunct - 20 -
  4.  der Küster - 14 -
  5. der Organarius - 10 -
  6. der Musiker 1 10 -
  7. der Balgentreter - 5 -
    c. III. Begräbnißklasse mit Lied am Trauerhause, wenn die Leiche von demselben auf den Kirchhof begleitet wird, resp. mit Lied an der Kirche (vom Lande)      
  1. die Kirche für Utensilien - 5 -
  2. der Geistliche für Begleitung der Leiche - 15 -
  3. der Glöckner - 2 6
  4. der Organarius für den Gesang - 2 6
    d. IV. Vierte Begräbnißklasse ohne Lied am Trauerhause resp. Kirche      
  1. die Kirche für Utensilien - 3 6
  2.  der Geistliche für Begleitung der Leiche - 7 6
  3. der Glöckner - 1 6
  4. der Organarius für den Gesang - 1 6
    e. V. Fünfte Begräbnißklasse cum Cruce      
  1. die Kirche für Utensilien - 1 8
  2.  der Geistliche - 3 10
  3. der Glöckner - 1 3
  4. der Organarius für den Gesang - 1 3
    Anmerkung. Mit Ausnahme der ersten Begräbnißklasse findet die Beerdigung der Kinder nach der für die Erwachsenen betimmten Gebührentaxe statt.      
    V. Von Fürbitten werden gezahlt:      
  1. für ein Fürbitte durch's ganze Jahr alle Sonntage 1 - -
  2. für eine einmalige Fürbitte - 2 -
    Vi. Von kirchlichen Bescheinigungen werden gezahlt:      
  1. für ein Tauf-Attest- 6 -
  2. für ein Proklamations-Attest - 20 -
  3. für ein Trauungs-Attest - 6 -
  4. für einen Todtenschein - 6 -
    VII. Für einen Kirchensitz in den Bänken jährlich - 10 -

 

Vorstehende Stolgebührentaxe wird hiemit auf Grund der Anerkennung Seitens der Gemeindemitglieder in der am 20. October 1869 auf dem Königlichen Landrathsamte zu Sensburg aufgenommen Verhandlungen von Ordinariatswegen bestätigt.

Frauenburg, den 30. Juli 1870.

(L. S.)

Der Bischof von Ermland.

(gez.) Phillipus.

  

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