im Felde, 18. April 1943

Erste grobe Positionsangabe von Siegfried

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Liebste !

Nun weiß ich also, wo Dein nächstes Zuhause
sich abspielen wird. Ich erhielt heute abend, 22 Uhr
(Sonntag) Deine Briefe vom 11.4. und
den Luftpostbrief vom 12.4. mit der Nachricht
Deiner Berufung nach Grodno. Nicht besonders
erfreut war ich, daß Du nun doch ins
Ausland mußt, aber wie ich gleich auf der
Karte feststellte, ist das Grodno ja nicht weit
von der Grenze, von Deiner Heimat entfernt.
Da wirst Du ja öfters einen Sprung nach Hause
machen können. Gleich tauchen aber auch
andere Fragen auf, die mir mein
Chef, mit dem ich hier zusammen im Bunker
..., auch nicht beantworten konnte: Ob ich
Dich überhaupt dort, da im Ausland, besuchen
kann, dann muß ich auch wieder durch eine
Entlausungsanstalt, und wahrscheinlich
muß ich eine besondere Genehmigung
einholen. Also Du siehst, Erika, Du mußt
unbedingt Urlaub bekommen. Heute morgen
schrieb ich noch nach Rohren (Groß Wannagupchen): Nach dem jetzigen
Urlaubsbestand habe ich gute Aussichten bis
Ende August, Anfang September, wirst Du
es bis dahin schaffen ? Du mußt eben
auch im Kameradinenkreis gleich vorbereiten,

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daß Du Dich um diese Zeit verlobst.
Das wäre ja überhaupt nicht auszudenken,
Liebste, wenn wir im Urlaub nicht zusammenkommen.
Auf wieviel Tage hast Du eigentlich Anspruch.
Ich bekomme ab Grenze 21 Tage und 3 Fahrt-
tage, also insgesamt 24 Tage. Einige Tage
mußt Du womöglich nach Ebenrode, aber
auf der anderen Seite bist Du ja dann noch
nicht lange von zu Hause weg. Weißt Du,
Liebe, am liebsten möchte ich mit Dir
irgend wo hinfahren, wo es landschaftlich
schön ist und recht ruhig, so daß wir ganz
unser Leben und unser Glück leben
können. Ich für meinen Teil brauche keinen
Umtrieb, wenn ich mit Dir zusammen
bin, ist das Glück an meiner Seite.
Oft träume ich davon, wie wir Arm in 
Arm durch den sonnengrünen Wald
wandern und wie Du bei jeder Rast,
an jeder schönen Stelle, in meinen Armen
ruhst, und wir alle, alle die vielen Küsse
einlösen, die wir jetzt einander senden.
Was werden wir in diesen Stunden der
schönsten Zweisamkeit zu planen, Luftschlösser
zu bauen haben, die wir dann alle einmal
verwirklichen wollen. So arg lange ist es
ja nicht mehr bis dahin, nur noch 4 oder
5 Monate, wenn man bedenkt, daß

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seit unserem letzten Spaziergang in
dem dunklen regennaßen Straßen Insterburgs,
diesen Stunden, die mich so glücklich machten,
zeigtest Du mir doch deine Neigung. Weißt
Du noch, wie wir über den großen Platz gingen,
und (?) den Bahnhof nicht gleich fanden ?
Noch einmal solch ein Zeitraum, und
wir begegnen uns wieder.

In Deinem Brief schreibst Du von Schlössern,
im Monde liege. Weißt Du, Liebste,
ich würde es einmal so gern von Dir hören,
was für Luftschlösser Du baust, und wie
Du Dir alles denkst. Schreibe doch einmal
darüber, ja, Erika ?

Freust Du Dich sehr darauf, bis Du
einmal meine kleine Frau bist ? Du
schreibst oft so wenig darüber. Oder machst
Dir vielleicht Sorgen über Dinge, die
das gar nicht wert sind. Weißt Du,
mein Liebes, in diesem Punkt sehe ich ...
ganz ..., und bin fest davon
überzeugt, daß alles recht wird.
Nun, mein Liebes, ist es schon wieder Mitternacht,
morgen geht's früh heraus. Hoffentlich
hast Du Dich in Grodno gut eingelebt.

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Dieser Brief soll der erste Gruß von Deinem
Siegfried sein, der Dich dort erfreuen soll.

Hoffentlich hast Du es dort gut. Hier ist
alles überschwemmt, der Wolchow  trat über
die Ufer, und wir mußten fluchtartig
den Bunker räumen, und an eine höhere Stelle
gehen.

Jetzt werde ich mit den Gedanken an
Dich, mein innig geliebtes
kleines Mädel, einschlafen.

So umarmt und küßt Dich
ganz warm
Dein Siegfried.

 


Der nächste Brief erscheint am 19. April 2013, 22:00 Uhr
 


Der Fluß Wolchow liegt östlich von St. Peterburg (Leningrad) und hat eine Länge von etwas mehr als 200 km. Die Stadt Nowgorod liegt am Wolchow, welcher in die Lagodasee mündet.

Ein Trailer zu dem Polar-Dokumentarfilm "Die Schlacht am Wolchow"

Eine Vorausschau, was am Wolchow im Juli 1943 passierte, ist auf Wikipedia zu finden.

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