im Felde, 06. Juni 1943

Meine Liebste !

Heute Abend mußte ich von der b-Stelle
zurück zur Vorstellung beim Kommandeur, auf
dem Rückweg ging der Chef mit vor und ich spielte
ihn gleich wegen Urlaub an. Ich sagte ihm, daß
Du keine Aussicht auf Urlaub hättest, wenn
ich es nicht lange Zeit die sichere Zusage im
voraus habe, wann ich fahren kann. Er machte
mir eine Zusage, daß er mir Mitteilung (?? zeigsen ?) zukommen läßt.
Also bald werde ich Dir den genauen Termin sagen
können, aber auf August wirds danz sicher nicht
mehr reichen. - Seit letzten Sonntag steht die
Post von Dir hier, von dem Päckchen abgesehen. Mein
armes Mädel scheint wieder schön überlastet zu sein.
Krankenschwester ist eben doch nicht das Richtige für Dich,
wie bin ich froh, wenn Du erst einmal den
Beruf ablegen kannst und ganz für mich da bist.
Bei Dir als Kranker zu sein, muß schön sein.
Ich bin ja auch ein bischen als Kranker
anzusprechen, wie krank verliebt bin ich in mein

geliebtes kleines "Schatzenbutzerle", und nur dessen
lieber Mund, seine Lippen können mich gesund
küssen, oder werde ich noch kränker werden ?
Ganz gesund von meiner Liebe zu Dir, Liebste,
werde und will ich wohl nie werden, immer
soll die Sehnsucht nach meiner Geliebten im
Herzen brennen, und wenn wir schon 20 Jahre
Mann und  Frau sind. Ja, Erika ?
Die Abendstunden haben ihren eigenen Reiz,
sie lassen das Sehnen nach dem geliebten
Menschen stärker werden. In der Ruhe des Abends
empfindet man noch stärker wie sonst die große
Einsamkeit, der wir Menschen alle ausgesetzt sind.
Man steht oft ganz allein mit seinem Ich, wie
verlassen kommt man sich oft vor. Geht es Dir
gerade so ? Und befreit davon, können wir
von dieser Einsamkeit nur werden, wenn
wir das geliebte Du finden, die wertvolle Er-
gänzung unseres Selbst, einen liebenden,
verstehenden Menschen. Und das bist Du für
mich, Geliebte. Bleibe gesund bis auf unser
glückliches Wiedersehen, Geliebte. Zärtlich küßt
Dich Dein Dir immer gehörender
Siegfried.