im Felde, 30. Mai 1943

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Mein geliebtes Mädel !

Kurz vor dem Nachtessen sende ich Dir noch
ein paar herzliche, liebe Grüße. Es soll doch
kein Sonntag vorbeigehen, ohne das ich an meine
Liebste geschrieben, meiner süßen Kleinen in
treuer Liebe gedacht habe. Du hast womöglich
wieder heute am Sonntag Dienst gehabt, ich
kanns mir vorstellen, aber nicht mehr so
sehr lange, und meine Liebste soll auch am
Sonntag ihren freien Tag haben: Wenn
Du meine kleine Frau bist.
Wir selbst hatten heute morgen den ganzen Tag
zu putzen und schrubben. Es war Bunker-Be-
sichtigung durch den Kommandeur angesetzt,
und da ich jetzt Geschützführer bin, hatte ich die
Verantwortung für meinen Bunker und damit
viel Arbeit. Das ist Gott sei Dank vorbei,
und heute mittag startete wieder ein Schachturnier.
Mit Schreiben ists also schlecht bestellt, jetzt
kommen schon meine Partner zur nächsten
Runde.

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Inzwischen ist's wieder spät geworden.
Die Schachspiele sind mit gutem Erfolg
von mir gespielt worden und ich kann
mich wieder an mein Mädel wenden. Das
ist mir das Liebste. Weißt Du, ich stelle mir
immer vor, wie Du die Briefe liest, wenn Post
kommt, und dann weiß ich, daß Deine
Gedanken bei mir sind. Und das ist das
Schöne, ich muß es immer wieder ...,
zu wissen von der Gemeinsamkeit der Gedanken.
Gestern schrieb ich noch einen ausführlichen Brief
an die Eltern, über unser Verhältnis. Sie sollen
zu Hause nicht mehr darüber im Zweifel sein,
daß ich jetzt das Mädel fürs Leben bereits
besitze, und gewillt bin, bald zu heiraten,
auch wenn ich noch nicht über die entsprechende
Lebensstellung verfüge. Weißt Du, manchmal habe
ich doch große Sorge, ob ich meine Lebensziel,
nämlich zu studieren, nach dem Krieg noch
erreichen kann. Aber ich habe ja eine
tapfere kleine Frau, und da wird es schon
möglich sein. Und Du, Liebste, stimmst doch

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auch mit mir überein, daß es besser ist,
einige Zeit mit Entbehrungen zu leben, und
dann ein wirkliches Ziel zu erreichen, als
sich von vornherein zwar auf sichere, aber kleinliche
Verhältnisse zu beschränken. Man sollte schon nach
oben streben, sonst wird man doch nie befriedigt
sein im Leben. Natürlich werden wir uns in den
ersten 3 Jahren unserer Ehe, auch nach dem
Kriege, sehr einschränken müssen. Aber wir haben
uns, und das macht jede Einschränkung gering.
Und ich weiß, daß ich mit meiner
tapferen kleinen Frau nie den Boden verlieren
kann, immer vorwärts komme, und so kann
es nicht fehl gehen. Dafür wirst dann auch
Du, Liebste, die sichere Aussicht haben, es
nach einigen Jahren denkbar schön zu bekommen,
denn bei 300,-- Rm Monatsgehlat will ich
nicht stehen bleiben. Ja, dann bist Du
Frau Doktor Schmid, ich kenn Dich ja als
ein klein wenig ehrgeizig, so wird es
Dir so schon recht sein, ja, Frau Doktor ? Ja,
Liebchen, Spaß muß sein.

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Langsam muß ich Schluß machen, es ist Zeit zum
Schlafen gehen. Und in lieben Gedanken an
Dich werde ich mich in den Schlaf wiegen, einen
anderen Gedanken kann und mag ich schon
gar nicht mehr haben. So ganz bin ich schon
erfüllt von Dir, Du, mein reines, geliebtes,
tapferes Liebchen. Dein Köpfchen ruht auf
meinem Arm und ich beuge mich über
Dich, und küsse Dich, liese und zärtlich,
und manchmal voll Glut und Leidenschaft, daß
mein Atem eines wird mit dem Deinen.
Ich bin jeden Tag von neuem beglückt
von der tiefen, innigen Liebe zu Dir,
Geliebte. Wie war ich vorher so arm.

Zärtlich grüßt und küßt Dich
Dein Liebster.

 


Der nächste Brief erscheint am 2. Juni 2013, 20:00 Uhr

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