im Felde, 27. Juni 1943

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Meine Liebste !

Habe dank für Deine lieben Zeilen aus der Heimat,
ich freue mich so für Dich, daß Du wenigstens einmal
wieder die Eltern sehen konntest. Aber mit Deiner
Fahrt ging es ja toll und ärgerlich zu, daß Du wenigstens
nicht früher im Krankenhaus frei bekommen konntest !
So etwas kann einem eben nur im Krieg passieren.
Bei einer so beschwerlichen Fahrt macht die Reise kein
Vergnügen. Dazu kam die Fahrt für Dich noch so teuer,
jetzt sind ja alle Eisenbahnpreise doppelt so hoch.
Übrigens das wollte ich Dir einmal schreiben:
Du darfst Dir keine Gedanken wegen den Fahrtkosten
im Urlaub machen, nachdem ich Dich eingeladen
habe zu der Fahrt nach Stuttgart, ist es klar, daß ich
die Kosten bestreite. Bei Dir, Liebchen, ist man ja
nie sicher, überwas und wegen was Du Deine
liebe Stirn in Sorgenfalten legst ! Du bist ja so eine
kleine Schwarzseherin.

Wenn ich bis Ende September in Ostpreußen ankomme,
bin ich heil froh, das schrieb ich Dir ja in der Zwischen-
zeit. Wieviel Urlaub wirst Du eigentlich erhalten,
doch hoffentlich auch 3 Wochen. Sonst müßte ich ja
eine ganze Woche ohne Dich sein, das will ich mir
gar nicht vorstellen. Reiche aber lieber keinen Sonntags-
urlaub mehr ein, damit Du den anderen um so
sicherer erhältst. Die Fahrt in Deutschland zu zweit wird
ja viel kurzweiliger sein, habe ich doch dann
mein Mädchen immer ganz dicht zur Seite. Bist Du
müde, lege ich den Arm um Deine Schultern, und
Du legst den Kopf an meine Schulter, und schläfst

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ruhig und bewußt in treuer Hut. Unsere lange
Fahrt wird ja unterbrochen werden in Berlin: Aber
können wir denn in den jetzigen schlechten Zeiten
Deiner Schwester überhaupt genehm. Weißt Du, in Stuttgart
macht es nichts aus, ob es einmal zwei Personen
mehr sind, in der großen Familie mit starken
Essern fällt das weiter gar nicht auf.

Ich bin immer noch hier vorne, und habe meine
Ruhe. Nur war ich vorgestern und gestern ein bißchen
weg. Aber sonst wirst Du doch jeden Tag Deinen
Brief erhalten haben, warst Du mit mir zufrieden ?
Ich stelle mir vor, daß Du dann immer an Feierabend,
oder vor dem Schlafengehen, meine Zeilen lasest, und
weiß dabei, daß am Abend um die gleiche Zeit
auch meine Gedanken bei Dir weilen. Und ein
Papierkuß für Dich darf auch nicht fehlen. Leider habe
ich nicht die Gewohnheit, mein Lppen zu schmücken,
wie das bei Weibern nicht selten sein soll, sonst könntest
den Kuß auch sehen.

Aber im Urlaub werden wir dann das
Versäumte alles nachholen, machst Du mit, Liebste ?

- Das ist wieder so eine Frage, die Du durch beharrliches
Schweigen auf Deine Art beantwortest, aber einmal
schriebst Du mir, wenn Du keine Antwort geben
würdest, würde das immer "ja" !! heißen. -

Folglich bleibt es dabei, und wir haben ja auch
bald 2 Wochen dazu Gelegenheit.

Einstweilen sendet Dir Dein Liebster diesen
Kuß in der Blattecke im voraus.

Mit herzlichen Grüßen und Küsse
Dein Liebster.

 


Der nächster Brief erscheint am 1. Juli um 22:00 Uhr.

 

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